Zwei Systeme unter „Dach und Fach“? Zur Praxis der Zusammenarbeit zwischen Eingliederungshilfe und Kinder- und Jugendhilfe

Im Fachforum standen kommunale Erfahrungen an der Schnittstelle von Kinder- und Jugendhilfe (KJH) und Eingliederungshilfe (EGH) im Mittelpunkt. Moderator Herr Rist ordnete die aktuelle Rechtslage ein: Nach dem gescheiterten Gesetzgebungsverfahren bleibt bis Ende 2026 Zeit, ein Ausführungsgesetz zu verabschieden. Ziel war daher ein nüchterner Blick auf die Praxis. Frau Dr. Rademann gab Einblicke in das Projekt „Umsetzungsbegleitung KJSG“, das Kommunen bei der Umstellung ihrer Strukturen unterstützt. Zentral seien dabei, trotz fehlender Rechtsgrundlage vorhandene Spielräume zu nutzen, das Ziel konsequent im Blick zu behalten, Teilprozesse umzusetzen, Netzwerke einzubinden und Führungskräfte zu haben, die eine inklusive Haltung vorlebten. Wesentlich für das Zusammenführen der Systeme sei zugleich der Umsetzungsstand des BTHG.

Im Praxisimpuls aus Dresden berichtete Frau Lemm über den laufenden Umstellungsprozess. Die Stadt verfolge einen strukturellen Weg, bei dem EGH-Leistungen vollständig in den Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) integriert werden, um Versäulung aufzubrechen und Familienbedarfe konsequent zu adressieren. Ziel sei eine Gesamtzuständigkeit des Jugendamtes ab 2026. Dresden plädiere für eine konsequent inklusive Lösung statt halbherziger Zwischenmodelle.

Frau Dr. Schröder aus Nürnberg schilderte die besondere bayerische Lage mit überörtlicher EGH-Zuständigkeit (Bezirke) und daraus resultierenden Schnittstellen. Hospitationen, gemeinsame Fallverlaufssichten und eine strukturierte Prozessbeschreibung verbesserten das gegenseitige Verständnis; gleichzeitig blieben Umsetzungsdefizite beim BTHG, der Wunsch nach kommunaler Steuerungsverantwortung und Unsicherheiten über künftige Zuständigkeiten bestehen.

Den Abschluss bildete der Bericht von Herrn Wohland aus Jena: Seit 13 Jahren arbeite die Stadt mit einem Integrationsdienst (EGH 0–21 im Jugendamt, sozialpädagogische Ausrichtung) – mit dem Vorteil eines familienfreundlichen „Ein-Ansprechpartner“-Modells sowie mit hoher Akzeptanz und großem Vertrauen bei Familien.

Zentrale Erkenntnis: Der Weg zu einer inklusiven KJH ist ein tiefgreifender Strukturprozess, der Zeit, Ressourcen und klare gesetzliche Rahmenbedingungen braucht. Gelungene Praxisbeispiele zeigen jedoch, dass bereits heute konkrete Schritte möglich sind.

Die Präsentationen zum Download:
- Sylvia Lemm
- Dr. Jenny Rademann

Veranstaltungsnummer

1.3

Datum

17.09.2025 (Mittwoch)

Uhrzeit

11.00 Uhr - 12.30 Uhr

Raum

Carl-Zeiss-Saal rechts (1. OG)

Speaker*innen

Moderation